28. August 2025
Exkursion der Landesgruppe Schleswig-Holstein gemeinsam mit dem ÖJV Schleswig-Holstein vom 11.-13. April 2025 in das schöne Thüringen:
Motto: Umbau zu klimastabilen Mischwäldern auf Grundlage des Dauerwaldgedankens und angepasster Wildbestände
Beide beteiligten Verbände haben ähnliche Ziele und auch vielfach Mitglieder in beiden Vereinen. Um trotz der häufig zu beobachtenden „Fahrtenmüdigkeit“ genügend Teilnehmer zu gewinnen, haben wir die Exkursion in beiden Verbänden beworben und auf diese Weise eine respektable Gruppenstärke erreicht.
Freitag, 11. April: Auftakt in Brandenburg und positive Beispiele aus Thüringen
Der erste Tag begann mit einer Exkursion in ein Waldgebiet in Brandenburg (Staffelde). Dieses liegt direkt an der A24 und der Waldbesitzer, Volker Luttmann, war bereit, uns seinen Wald vorzustellen. Volker ist Forstmann, Waldbesitzer, Baumschulunternehmer und Jäger, er lebt den Waldumbau wirklich ganzheitlich. Alle unverkauften Reste aus der Baumschule wurden für Voranbauten der ehemals einschichtigen Kiefernwälder genutzt. Gleichzeitig hielt ein fortschrittliches Jagdregime Einzug, so dass heute ein zumindest zweischichtiger Wald aus diversen

Baumarten den klimatischen Veränderungen widerstandsfähig entgegensieht. Und zwar ohne Zäune! Volker spannte den Bogen von jagdlichen Kontroversen, die sich nur gerichtlich lösen ließen, über waldbauliche Erfahrungen auf den armen Standorten bis hin zur Windkraft im Wald. Abgeschlossen wurde das Ganze mit einem reichhaltigen Mittagessen. Vielen Dank für diese willkommene Pause auf der langen Fahrt nach Thüringen!
Abbildung 1: Waldbesitzer Volker Luttmann erklärt seine Waldbewirtschaftung
Im Anschluss reisten wir weiter nach Thüringen zum Forstamt Jena-Holzland. Dort erwartete uns Forstamtsleiter Bernhard Zeiss mit zweien seiner Mitarbeiter (Revierleiter Enrico Bauer und seine Anwärterin) schon direkt im Wald. Gemeinsam begaben wir uns auf eine Exkursion zu verschiedenen Waldbildern, die als gelungene Beispiele für Naturverjüngung und strukturreichen Mischwald dienen. Ausgehend von den Bedingungen eines ehemaligen „Staatsjagdreviers“ der DDR liegt der Fokus darauf, Verjüngung von Kiefer, Lärche, Douglasie, Buche und Eiche zu etablieren. Bei dem früheren Wildbestand bestand die Verjüngung (wenn überhaupt) nur aus Fichten. Heute erlaubt ein angepasster Wildbestand allein über geschickte Lichtsteuerung, klimaangepasste Baumarten zu integrieren. Gleichzeitige wird auf die immense Arbeitsbelastung hingewiesen, die diese jagdlichen Ziele nach sich ziehen. Diese Flächen zeigten eindrucksvoll, wie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wald und Wild das Fundament für einen stabilen Dauerwald bilden kann.

Abbildung 2: Beeindruckende Naturverjüngung im ehemaligen "Staatsjagdrevier"
Bemerkenswert waren dabei auch einige strukturelle Hintergrundinformationen: Im Zuständigkeitsbereich des Forstamts Jena beträgt die durchschnittliche Größe eines Privatwaldes lediglich 0,7 Hektar – ein Umstand, der viele waldbauliche Maßnahmen erschwert. Hinzu kommt, dass etwa 10.000 Hektar Waldfläche bis heute nicht eindeutig einem Eigentümer zugeordnet werden können – eine Herausforderung für Planung und Pflege.
Am Abend erreichten wir unsere Unterkunft in Trockenborn-Wolfersdorf, wo wir gemeinsam zu Abend aßen und erste Eindrücke austauschten.
Samstag, 12. April: Kontraste erleben – Wilddichte und Waldumbau
Nach einem ausgiebigen Frühstück machten wir uns um kurz nach 8 Uhr erneut auf den Weg, um uns mit Bernhard Zeiss zu treffen. Thema der Exkursion an diesem Vormittag war: „Waldumbau und Jagd“.

Abbildung 3: Selbst die Fichte ist außerhalb vom Zaun stark verbissen
Diesmal standen Negativbeispiele im Fokus. Im Forstrevier seiner Frau Tina Zeiss, auf etwa 350 m über NN gelegen, zeigte sich eindrücklich, welche Auswirkungen ein überhöhter Wildbestand insbesondere durch Muffelwild auf die Waldverjüngung haben kann. Auf großen Flächen war kaum eine Naturverjüngung sichtbar. Umso stärker stachen kleine Weisergatter (ca. 20x20 m) ins Auge, in denen sich zahlreiche junge Bäume und Zwergsträucher ungestört entwickeln konnten: ein deutlicher Beweis dafür, wie sich der Wald unter angepassten Wilddichten verändern könnte.

Dieser Vergleich verdeutlichte uns, wie auf forstlich betreuten und bejagten Flächen mit gezieltem jagdlichen Einfluss eine artenreiche Naturverjüngung gelingen kann. Im Gegensatz dazu war aber auch sichtbar, dass auf Flächen im Verantwortungsbereich von Jagdgenossenschaften lediglich die Fichte als Naturverjüngung an wenigen Stellen hochkommt. Ohne angepasste Wildbestände haben andere Baumarten schlichtweg kaum eine Chance.
Man kann es auch positiv sehen, für uns Holsteiner eine heilsame Erfahrung: Sind wir doch der Meinung, dass unser Bundesland in der Lösung der Konflikte zwischen Jagd und Wald noch sehr viel Luft nach oben hat. Jetzt wissen wir- Es könnte noch viel schlimmer sein!
Ein besonders eindrucksvoller Moment war das Kennenlernen sog. Rammschäden. Viele von uns hatten diesen Begriff zwar im Rahmen der Jagdscheinausbildung gehört, aber erst hier wurde das Phänomen greifbar. Zahlreiche Bäume waren mit Muffelwolle übersät
Abbildung 4: Rammschäden durch Muffelwidder
Am frühen Nachmittag brachen wir auf in Richtung Heldburg, entlang der reizvollen, wenn auch teilweise kahlen Bergketten des Thüringer Waldes. Gegen 15 Uhr erreichten wir das dortige Forstamt, wo uns Forstamtsleiter Lars Wollschläger herzlich mit einem kühlen Getränk begrüßte.
Nach einer kurzen Einführung erhielten wir einen Vortrag über die wirtschaftlichen Kennzahlen des Forstamts Heldburg sowie zur Geschichte der Burg und des Forstamtsgebäudes. Im Anschluss begaben wir uns zu drei Waldbildern zum Thema „Eiche im Dauerwald“.
Das erste Waldbild war für uns Nordlichter, die Regen und Kühle gewohnt sind, ein echter Schock: Auf flachgründigen Plateaulagen mit geringer Wasserhaltekapazität sind mittelalte Eichenbestände der Stadt Heldburg auf großer Fläche abgestorben. Hohe Temperaturen und nur noch 350 mm Niederschlag in den Trockenjahren haben dazu geführt. Das sollte die klimastabile Baumart Eiche sein? Unter den toten Bäumen eine Macchia aus Schwarz- und Weißdorn sowie Heckenrose, absolut undurchdringlich - Ende einer geregelten Bewirtschaftung.
Das Beispiel zeigt, was wahrscheinlich auch in anderen Teilen Deutschlands passieren wird, wenn die Temperaturen weiter steigen. Extremen Bedingungen werden wir auch mit Waldumbau und Dauerwald kaum etwas entgegenzusetzen haben.
Im weiteren Verlauf des Tages stieg unser Hoffnungsbarometer wieder. Viele Waldbilder mit strukturierten Verjüngungen bei besserer Wasserversorgung machten Mut. Insbesondere die femelartige Eichennaturverjüngung versetzte uns in Erstaunen. Derartige Bilder kannten wir bisher nur von Buche oder Edellaubholz. Neben der Bejagung kommt es dabei auf die Lichtsteuerung an, um nicht durch undifferenzierte Eingriffe auf der Fläche diffuse Lichtverhältnisse zu schaffen, die die Verjüngung der Buche fördern und diese bereits an den Start bringt, bevor sich in Mastjahren Eichensaat etablieren kann.

Abbildung 5: Üppige Naturverjüngung aus Eiche
Zurück in der Unterkunft versorgten wir uns mit allem Nötigen für das Frühstück am nächsten Morgen. Das Abendessen nahmen wir in einem örtlichen Gasthof ein, in dem gerade ein 60. Geburtstag gefeiert wurde – zur Freude aller gab es Thüringer Roulade, Sauerbraten und Klöße. Als amüsanter Abschluss des Tages trat sogar ein Karnevalsverein auf.
Sonntag, 13. April: Abschluss in der Revierförsterei Ummerstadt
Am Sonntagmorgen brachen wir gegen 7:30 Uhr zur letzten Etappe der Exkursion auf. Nach einem gemeinsamen Frühstück im Forstamt Heldburg mit Lars Wollschläger begleiteten wir ihn und Jens Freiberger, ins Revier Ummerstadt. Jens leitet das Revier Ummerstadt seit gut 30 Jahren und diese Kontinuität in Waldbau und Jagd sieht man dem Wald wirklich an. Konsequente Pflege und Durchforstung aller Flächen im fünfjährigen Turnus, immer im Herrschenden zur Dimensionierung weniger ausgewählter Z-Bäume, schafft vertikale Struktur und ausgeprägte Baumartenvielfalt. Minderheiten werden begünstigt und selbst aus ehemaliger Kahlschlagswirtschaft entstandene Fichtenbestände stehen tief bekront und stabil da.
Ergänzungen mit Tanne und Eiche aus Saat und Naturverjüngung gelingen ohne Zäune. Alle Teilnehmer waren sehr beeindruckt und obwohl uns noch eine lange Rückfahrt bevorstand, nahmen die Diskussionen und der Wunsch nach weiteren Beispielen kein Ende. Erst am frühen Nachmittag endete die Exkursion bei vorzüglichen Bratwürsten an der Jagdhütte, sodass wir gesättigt die Heimreise antreten konnten. Ganz herzlichen Dank an alle Beteiligten, die auch am Wochenende bereit waren, uns ihren Wald und ihre Arbeit vorzustellen!
Fazit:
Die dreitägige Exkursion zeigte anschaulich, wie unterschiedlich die Ausgangslagen, Herausforderungen und Lösungen beim Umbau unserer Wälder zu klimastabilen Mischwäldern sein können. Entscheidend bleibt in allen Fällen: Ein angepasster Wildbestand ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Naturverjüngung und nachhaltige Waldbewirtschaftung im Sinne des Dauerwaldes. Unser Dank gilt allen Beteiligten, besonders Bernhard Zeiss und Lars Wollschläger, für ihre Offenheit, Expertise und Gastfreundschaft.

Abbildung 6: Naturverjüngung nur innerhalb des Zaunes möglich - keine angepassten Schalenwilddichten
